Falke ermittelt im Kloster: ein «Tatort» zu Kindesmissbrauch

«Tatort: Schweigen»
© Kai Schulz/NDR/dpa

TV-Ausblick zum 1. Dezember

Hamburg (dpa) - Bundespolizist Thorsten Falke geht ins Kloster. Im «Tatort: Schweigen» an diesem Sonntag (1.12., 20.15 Uhr im Ersten) sucht er dort vor allem Ruhe und Ablenkung, denn der Tod seiner Kollegin Julia Grosz verfolgt ihn bis in seine Träume. Gerade war sich das Duo auf eine zarte Art näher gekommen, als Grosz (Franziska Weisz) völlig aus dem Nichts in einer Gasse erstochen wurde. Diese Szene hat Falke (Wotan Wilke Möhring) in seinen Alpträumen immer wieder vor Augen. 

Zur Verarbeitung pflückt er in einem Kloster in der Eifel in blauer Arbeits-Einheitskleidung Äpfel, geht beten und lebt mit Retreat-Teilnehmer Daniel (Florian Lukas) in einem kargen Zwei-Bett-Zimmer in der Klosteranlage. Doch dann verbrennt der Pastor bei einem Feuer in seinem Wohnwagen im Klosterhof. Falke wirft sich seine Lederjacke wieder über und ermittelt. Die neue «Tatort»-Folge dreht sich um Kindesmissbrauch in der Kirche und geht absolut geradeaus und schnörkellos mit diesem großen und erschütternden Thema um.

Falke-«Tatort» geht dahin, wo es wehtut

In der ersten Szene des norddeutschen Krimis muss ein blond gelockter Junge hilflos beobachten, wie sein angetrunkener Vater wegen einer Zigarettenkippe im Feuer verbrennt. Schon die ersten Einstellungen gehen an die Nerven und so bleibt es auch in den folgenden 90 Minuten. Denn der Falke-«Tatort» geht dahin, wo es wehtut.

Das tut er nicht dadurch, dass er das Grauen zeigt. Sondern dadurch, dass er die Reaktionen der Menschen darauf zeigt. Oft sind das nur minimale Veränderungen der Gesichtszüge. Die Kamera hält drauf und lässt sie einfach wirken. Das ist großes Kino - auch dank der überzeugenden Schauspiel-Riege Florian Lukas, Wotan Wilke Möhring und Lena Lauzemis. 

Besonders intensiv nutzt Regisseur Lars Kraume dieses Stilmittel, als Falke die in einem versteckten Zimmer des Priesters gefundenen Dias, Kassetten und Foto-Negative mit kinderpornografischen Inhalten auswertet. «Alles voller Kinder. Er war wohl doch kein guter Mensch, der Pfarrer», entgegnet er der zunächst zuständigen Ermittlerin Eve Pötter (Lena Lauzemis) dazu. Dia um Dia kämpft sich der sichtlich mitgenommene, zunehmend erschütterte und angewiderte Falke durch die Beweise - bis er auf einem der Fotos seinen neu gewonnenen Freund Daniel zu erkennen meint.

Möhring: Wir thematisieren das System von Vertuschen und Verheimlichen

Daniel ist tatsächlich eines der vielen Kinder, das der Pastor vor mehr als 30 Jahren zu einem Opfer des systematischen sexuellen Missbrauchs gemacht hat. Falke und Pötter decken auf, dass der Priester längst kein Einzeltäter war. Und dass das Schweigen vieler das Ausmaß des Missbrauchs erst möglich gemacht hat. Doch die alten Fälle sind verjährt. Als die Polizisten plötzlich herausfinden, dass der neueste Missbrauchsfall erst wenige Tage her ist, bekommen die Ermittlungen einen neuen Drive. 

«Tatort: Schweigen» hallt nach, beschäftigt. Aus verschiedenen Perspektiven wird gezeigt, was Missbrauch mit Opfern, Angehörigen, Mitwissern und Tätern machen kann. Dabei bleibt der Sonntagskrimi klischeefrei, er bauscht nicht auf und zeigt, was ist. Die Kirche als Institution werde nicht angegangen, sagte Möhring dem NDR. «Sondern wir thematisieren ihre schlimmsten Auswüchse, den Missbrauch von Macht, das System von Vertuschen und Verheimlichen, und das fatale Schweigegelübde, das noch heute über dem Gesetz steht.» 

Aktueller und sehr ähnlicher Fall als Grundlage

Grundlage für den neuesten Falke-«Tatort» war ein aktueller und sehr ähnlicher Fall aus dem Saarland, wie Drehbuchautor Stefan Dähnert dem NDR sagte. Dass ausgerechnet Falke in dem Fall ermittelt, sei Absicht gewesen. «Es gibt wohl keinen anderen ermittelnden Kommissar der ARD, dem Glaubensdinge ferner lägen als Falke. Das war ausschlaggebend.»

Gedreht wurde schließlich in einem leerstehenden Kloster des Bistums Aachen in Nordrhein-Westfalen in der Rureifel. Für Möhring ist auch das ein mutiger Schritt: «Die Geschichte ist leider sehr nah an der Wirklichkeit. Umso größer ist mein Respekt für das Bistum, in dessen Kloster wir den "Tatort" drehen durften. Die Verantwortlichen haben das Buch ja vorher gelesen. Mit diesem Einverständnis hat das Bistum versucht, einen wichtigen Beitrag zu leisten.»

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