Erstes Geständnis im Block-Prozess - und Bitte um Verzeihung

Fortsetzung Prozess wegen mutmaßlicher Kindesentführung
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Kindesentführung

Hamburg (dpa) - Im Hamburger Prozess um die Entführung der beiden jüngsten Kinder von Christina Block (52) hat erstmals einer der Angeklagten seine Beteiligung an der Tat eingeräumt - und den Vater und die Kinder um Verzeihung gebeten. Er habe die Operation in der Silvesternacht 2023/24 in Dänemark geführt, sagte der 36-Jährige vor der Strafkammer am Landgericht Hamburg. Er betonte, es habe jedoch keine Entführung, sondern eine Rettung der Kinder sein sollen. 

Zugleich richtete der Angeklagte mit Blick auf den jahrelangen Sorgerechtsstreit einen Appell an Blocks Ex-Mann Stephan Hensel (51), der als Nebenkläger an diesem Prozesstag nicht anwesend war: «Er soll dem Krieg zwischen den Eltern ein Ende setzen», sagte der Israeli nach den Worten eines Dolmetschers und fügte hinzu: «Er soll Frieden stiften.» 

Der 36-Jährige ist neben der Hamburger Unternehmerin und einem Anwalt der Block-Gruppe der dritte Hauptangeklagte. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, gemeinsam mit weiteren Beteiligten den damals zehn Jahre alten Jungen und das damals 13-jährige Mädchen gewaltsam aus der Obhut des Vaters in Dänemark entführt zu haben.

Angeklagter: Bekam Auftrag wegen Kampfsport-Erfahrung

Der Tochter des Gründers der Steakhaus-Kette «Block House», Eugen Block, wird vorgeworfen, die Rückholaktion in Auftrag gegeben zu haben. Die 52-Jährige hatte das vor Gericht in einer langen und detaillierten Erklärung zurückgewiesen.

Wegen seiner Kampfsport-Erfahrungen habe er von dem Chef der israelischen Sicherheitsfirma den Auftrag bekommen, Blocks Ex-Mann zu überwältigen, sagte der 36-Jährige. Er sollte ihn aber nicht verletzen. «Das Erste, was ich gemacht habe: Ich sprang auf den Vater», sagte der Angeklagte. Dann habe er ihn mit Klebeband fesseln wollen. Ein junger Deutscher sei hinzugekommen und habe den Vater auf eine Weise verprügelt, die nicht nötig gewesen wäre.

Der Angeklagte berichtete, ihm sei vor der Tat gesagt worden, der Vater sei böse. Heute sehe er das anders. Stephan Hensel sei möglicherweise nicht «der Vater des Jahres». Doch sei er wahrscheinlich ein guter Mann, sagte der 36-Jährige. 

In der Silvesternacht habe er als Einziger mit ihm gekämpft und gerungen. Als Kampfsportler habe er gemerkt, dass der Vater nicht richtig ringen konnte, «und trotzdem hat er alles gegeben». Jetzt sei Hensel der Stärkere im Streit zwischen den Eltern. Darum richte er seinen Appell an ihn, den Sorgerechtsstreit zu beenden. Auf Deutsch sagte der 36-Jährige in Anlehnung an eine Bibelstelle: «Hass hat seine Zeit, Liebe hat seine Zeit». 

Flucht zur Grenze

Als der Vater am Boden lag, habe er gesehen, dass seine Begleiter die Kinder schon in ein Auto gebracht hatten. Dann sei er selbst zu einem Auto gesprintet. Die Fahrzeuge seien zu einem Wald an der deutsch-dänischen Grenze gefahren, sagte der Israeli. Anwalt Philip von der Meden nahm im Namen seines Mandanten Hensel die Entschuldigung des Angeklagten an.

Ob die israelische Sicherheitsfirma einen Auftrag für die Entführung bekommen hatte, sagte der Angeklagte nicht. «Meinen Anteil habe ich gemacht», erklärte der Mann. Weiter könne er dem Gericht nicht helfen, «selbst wenn ich es möchte».

Den Teilnehmern an der Entführungsaktion seien jeweils 10.000 Euro in Aussicht gestellt worden. Er selbst habe auf das Geld verzichtet. Für ihn sei die Aktion eine Gelegenheit gewesen, eine gute Tat zu tun. Er habe die Kinder vor dem bösen Vater retten wollen. «Ich fühlte mich wie Superman.»

Angeklagter will Kindern Aussage vor Gericht ersparen

Der Angeklagte widersprach der Staatsanwaltschaft mit Blick auf eine Aussage der entführten Tochter. Sie soll ihn im Auto mit bis zu 80-prozentiger Wahrscheinlichkeit erkannt haben. «Das kann nicht sein», sagte der Angeklagte. Er sei als letzter ins hintere Auto gestiegen, um das Geschehen hinter den Fahrzeugen im Blick zu behalten.

Er würde den Kindern gern eine Aussage vor Gericht ersparen, sagte der Angeklagte. In Israel gebe es Terroristen, die sich hinter Kindern versteckten, damit man nicht auf sie schießt. Um die Block-Kinder zu beschützen, werde er sich vor sie stellen und alle Fragen vor Gericht beantworten, auch wenn es für ihn zum Nachteil sein sollte.

Der 36-Jährige ist neben der Hamburger Gastronomie-Unternehmerin und einem Anwalt der Block-Gruppe (63) der dritte Hauptangeklagte. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, gemeinsam mit weiteren Beteiligten den Jungen und das Mädchen gewaltsam aus der Obhut des Vaters in Dänemark entführt zu haben. Der 36-Jährige war Ende September vergangenen Jahres auf Zypern verhaftet worden und sitzt seit November in Hamburg in Untersuchungshaft.

Jahrelanger Sorgerechtsstreit

Christina Block kämpft seit Jahren um das Sorgerecht für ihre beiden jüngsten Kinder. Im August 2021 hatte ihr Ex-Mann Hensel sie nach einem Wochenendbesuch bei sich behalten. Das Hanseatische Oberlandesgericht sprach der Mutter das alleinige Aufenthaltsbestimmungsrecht zu. Ihren Anspruch konnte Block aber nicht bei der dänischen Justiz durchsetzen.

Nach der Entführung blieben der Junge und das Mädchen nur wenige Tage bei der Mutter. Das Oberlandesgericht entschied aufgrund eines Eilantrags des Vaters, dass ihm die Kinder zurückgegeben werden müssen.

Der Prozess wird am Freitag fortgesetzt. Das Landgericht hat zudem 20 weitere Verhandlungstage bis Ende März terminiert.

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Fortsetzung Prozess wegen mutmaßlicher Kindesentführung
Sascha Böttner ist der Verteidiger des israelischen Angeklagten.© Marcus Brandt/dpa
Sascha Böttner ist der Verteidiger des israelischen Angeklagten.
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