Dortmund: Michel Friedmann zu Gast beim Unternehmensverband

Zum Herbstvortrag begrüßte der Unternehmensverband östliches Ruhrgebiet e.V. Herrn Prof. Michel Friedmann als Festredner im Goldsaal der Westfalenhallen in Dortmund. Die Feierlichkeiten fanden anlässlich der ersten Mitgliederversammlung nach der Fusion mit dem IT-Club Dortmund statt. 120 Gäste und Vertreter der Mitgliedsunternehmen waren gekommen, um den Vortrag von Michel Friedmann zum Thema „Geostrategische Perspektiven im 21. Jahrhundert nach Afghanistan“ zu hören.

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Politischen Haltung Deutschlands und der EU sei zu zögerlich

Die geopolitische Lage sei angespannt, so Michel Friedman. Und Deutschland und die EU hätten darauf bisher noch keine angemessene Strategie gefunden: „Die Illusion, wir halten uns aus Gefechten heraus, ist in Afghanistan in die Luft gesprengt worden“, so sein Fazit zur zögerlichen politischen Haltung der europäischen Staaten zu den Konflikten direkt vor der Haustür im Nahen Osten, auf der Krim und in der Ukraine.

Die Strategie „Wandel durch Handel“ sei gescheitert

Außerdem schaue man den strategischen Absichten Chinas, das bereits weite Teile der Infrastruktur Afrikas beherrsche und damit direkten Zugriff auf dringend benötigte Rohstoffe fest in der Hand halte, tatenlos zu. Die Strategie „Wandel durch Handel“ sei gescheitert. China besitze gegenüber dem Westen einen klaren Wettbewerbsvorteil, da dieser Staat das Wenige durch das Neue ersetzen könne, wohingegen der Westen erst das Etablierte aufbrechen müsse um Innovationen umzusetzen.

Und die USA? Die seien auch kein verlässlicher geostrategischer Partner Europas mehr, so Friedmann. Die USA würden ihre Anstrengungen auf den ökonomischen und strategischen Konflikt mit China konzentrieren. Und es sei eine Fehlannahme, dass Europa unter Präsident Biden wieder den Schutz Amerikas genieße. Biden setze die unter Obama bereits begonnene Abwendung von Europa weiter fort.

Auch Russland verstehe sich als Global Player und setze seine Interessen immer rücksichtsloser durch. Von Europa, das sich immer mehr im zwischenstaatlichen Klein-Klein verliere, sei keine Gegenwehr zu erwarten.

Streitkultur sei in unserer Gesellschaft unterentwickelt

Es fehle an der Bereitschaft, für die eigenen Werte zu streiten. Friedenspolitik könne nur dann gelingen, wenn beide Seiten in der Lage seien, den Gegenüber abschrecken zu können. Es sei ein Drama, dass Außenpolitik im Bundestagswahlkampf keine Rolle gespielt habe. Eine Streitkultur sei die Voraussetzung einer streitbaren Gesellschaft und diese sei bei uns unterentwickelt.

Den Gesprächspartner als Mensch anzuerkennen sei zum demokratischen Streit zwingend notwendig. Die heute beim Diskurs zu beobachtende Aberkennung der Ergebnisse der Wissenschaft, sei ein Rückschritt ins Mittelalter. „Tatsachen anzuerkennen sei eben Schwerstarbeit“, so Friedmann abschließend.

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