Wels und Co.: Wer schwimmt - außer mir - im Badesee?

Mann schwimmt über den Plötzensee
© Daniel Reinhardt/dpa/dpa-tmn

Begegnungen mit Fischen

Berlin (dpa/tmn) - Er gilt als größter Süßwasserfisch in Deutschland, ist meist 1,5 bis 2 Meter lang - und hat in diesem Sommer wieder einmal für Aufsehen gesorgt. Die Rede ist vom Wels. Gleich zwei Wels-Angriffe auf Badegäste hat es im Juni und Juli im Brombachsee in Mittelfranken (Bayern) gegeben. 

Doch muss man vor diesen Fischen - oder auch anderen - tatsächlich Angst haben, wenn man sich im See erfrischt? Der Fischerei-Professor Robert Arlinghaus von der Berliner Humboldt-Universität verrät im Interview, was für Fische in Badeseen leben - und wie wahrscheinlich es ist, dass Wels und Co. zuschnappen. 

Wenn ich im See schwimme: Was ist um mich herum alles los? 

Robert Arlinghaus: Wenn Sie im See schwimmen, bewegen Sie sich im Lebensraum der Fische. Es werden also alle möglichen Arten wie Rotaugen, Barsche, Brassen oder auch mal ein Wels in Ihrer Nähe herumschwimmen. Da wird auch mal ein Hecht irgendwo im Schilf oder in den Unterwasserpflanzen lauern und Sie beobachten. 

In der Regel bekommen Sie davon nichts mit. In den meisten Seen, zumindest hier in Brandenburg, ist die Sicht nicht so gut.

Und: Die Tiere haben ein gewisses Meideverhalten, sodass sie ein bisschen Abstand zu Schwimmern wahren. An Badestellen gewöhnen sich die Tiere mitunter auch an Menschen und schwimmen dort sichtbar um sie herum, insbesondere Rotaugen und Ukeleischwärme.

Es gibt immer mal wieder vereinzelt Angriffe von Welsen. Und auch vor dem Hecht, der ebenfalls zu den Raubfischen zählt, hat so mancher Angst. Muss man die haben? 

Arlinghaus: Ängste sind völlig unbegründet. Ein Sechser im Lotto ist wahrscheinlicher als ein Angriff dieser Fische. 

Wenn man seine Beine vom Steg herunterbaumeln lässt und der Zeh berührt die Oberfläche, dann ist es schon mal vorgekommen, dass ein Hecht annimmt: «Das ist ein Fisch» - und den Zeh attackiert. Dafür braucht man aber ganz, ganz, ganz viel Pech. 

Unter Wasser attackiert der Hecht aber nie. Da ignoriert er Badegäste und auch Taucher und bleibt einfach regungslos im Schilf oder Unterwasserkraut stehen oder schwimmt davon, wenn es ihm zu bunt wird. 

Alle paar Jahre gibt es Fälle, in denen ein Wels nach dem Bein eines Schwimmers schnappt. Das kann aber nur innerhalb der etwa zwei Wochen im Hochsommer passieren, in denen das Männchen ein Nest baut und bewacht. Zu Angriffen kommt es dann auch nur, wenn man genau in das Gelege hereintritt bzw. sich ihm nähert. 

Das Nest befindet sich allerdings in geschützten, dunklen Bereichen, wo normalerweise auch nicht geschwommen wird. Der Wels baut sein Nest eben nicht am Badestrand, wo es lichtdurchflutet ist. Im konkreten Fall im Brombachsee waren die Uferbereiche trockengefallen, also wo das Wasser zurückgegangen war - und es gab Badeinseln. Die bieten einen Sonnenschutz, den ein Wels für sein Nest genutzt hat. 

Hat man das Pech und ein Wels greift an, gibt es aber keine relevanten Verletzungen - es ist eben kein Hai mit Riesenzähnen. Im Grunde hat der Wels keine Zähne, sondern Bürstenzähnchen. Greift er an, ist es eher ein Anstoßen, bei dem man einen Schreck bekommt. 

Worauf kann ich als Schwimmer achten, um die Fische im See möglichst wenig zu stören? 

Arlinghaus: Sobald man in ein Gewässer reingeht, ist das eine gewisse Störung. Ob die ökologisch relevant ist, ist eine andere Frage. Das ist nur recht schlecht untersucht und dürfte nur bei Massenaufkommen über viele Wochen relevant werden. 

Trittschäden am Ufer oder Auswirkungen von Sonnencreme auf Plankton - also Organismen im Wasser - sind wahrscheinlich stärkere Effekte als das bloße Schwimmen. Die Fische gewöhnen sich in der Regel rasch an die Schwimmer, die für sie nicht gefährlich sind. 

Ein Problem ist aber das Herausreißen von Unterwasserpflanzen und das Aufwühlen von Sediment, was das Gewässer eintrüben und Nährstoffe freiwaschen kann. Daher sollte man von großen Ansammlungen solcher Pflanzen Abstand halten, damit man sie nicht mit den Füßen löst. Diese Unterwasserpflanzen sind nämlich wichtige Fischlebensräume und sind wichtig für das Ökosystem. Also lieber an sandigen Badestränden ins Wasser gehen. 

ZUR PERSON: Robert Arlinghaus ist Professor für Fischerei an der Humboldt-Universität zu Berlin sowie Forschungsgruppenleiter am Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB). Er beschäftigt sich mit Süßwasserfischen und dem nachhaltigen Umgang mit Fischbeständen in Gewässern.

© dpa-infocom, dpa:250804-930-875891/1
Badegäste lassen auf einem Steg am Forggensee Ihre Beine baumeln
Berührt ein Zeh beim Beine-Baumeln die Wasseroberfläche, kann es in seltenen Fällen vorkommen, dass ein Hecht ihn für einen Fisch hält. © Karl-Josef Hildenbrand/dpa/dpa-tmn
Berührt ein Zeh beim Beine-Baumeln die Wasseroberfläche, kann es in seltenen Fällen vorkommen, dass ein Hecht ihn für einen Fisch hält.
© Karl-Josef Hildenbrand/dpa/dpa-tmn
Fischer zeigt einen Wels
Der Wels ist der größte Süßwasserfisch in Deutschland - und kann durchaus über 60 Kilogramm auf die Waage bringen. © Patrick Pleul/dpa/dpa-tmn
Der Wels ist der größte Süßwasserfisch in Deutschland - und kann durchaus über 60 Kilogramm auf die Waage bringen.
© Patrick Pleul/dpa/dpa-tmn
Ukelei schwimmt in einem Becken eines Aquariums
An der Badestelle ist ein Schwarm kleiner Fische unterwegs? Gut möglich, dass es Ukeleien sind.© Michael Bahlo/dpa/dpa-tmn
An der Badestelle ist ein Schwarm kleiner Fische unterwegs? Gut möglich, dass es Ukeleien sind.
© Michael Bahlo/dpa/dpa-tmn
Unterwasseraufnahme in einem See in Niedersachsen
Von der Fischvielfalt im See bekommen Schwimmerinnen und Schwimmer meist nicht viel mit - die Sicht reicht nicht weit. © Michael Matthey/dpa/dpa-tmn
Von der Fischvielfalt im See bekommen Schwimmerinnen und Schwimmer meist nicht viel mit - die Sicht reicht nicht weit.
© Michael Matthey/dpa/dpa-tmn
Prof. Dr. Robert Arlinghaus
Robert Arlinghaus ist Professor für Fischerei an der Humboldt-Universität zu Berlin sowie Forschungsgruppenleiter am Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB).© Stefan Klenke/Humboldt-Universität zu Berlin/dpa-tmn
Robert Arlinghaus ist Professor für Fischerei an der Humboldt-Universität zu Berlin sowie Forschungsgruppenleiter am Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB).
© Stefan Klenke/Humboldt-Universität zu Berlin/dpa-tmn

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